Anschlag
Anschlag
★ Anarcho punk from Aachen ★
Anschlag spielt schnellen politischen Punk mit Ohrwurmpotenzial: Frech, chaotisch und herrlich aufregend! Die Band bezieht klar Stellung gegen Faschismus, Rassismus und Sexismus.
Interview mit Anschlag
(aus dem Punk-Fanzine Plastic Bomb Nummer 115, 2021)
[...] Wer seid ihr, wo kommt ihr her (lebt ihr alle in Aachen?) und warum spielt ihr Deutschpunk?
Björn: Hi ihr. Wir sind eine Deutschpunkband in klassischer drei Individuen-Besetzung. Wir haben uns in Aachen gefunden und nach diversen Aktivitäten in anderen Bands angefangen zusammen Musik zu machen. Allerdings ist nur Patje hier in der Dreiländerecke aufgewachsen, Benni und ich sind Zugezogene.
Patje: Eigentlich gehört zu unserem Bunde noch der Ronny, der jahrelang für Service und Muse zuständig war. Der wollte nach Jahren aber zurück in den Schoss der Heimat und dort nach den Rechten sehen.
Benni: Coronabedingt spielt es für unsere Pläne aktuell noch keine große Rolle, aber Björn ist kürzlich nach Hamburg gezogen. Wird also auch für uns interessant, wie sich das in Zukunft organisatorisch entwickelt.
Eure im November 2020 erschienene Platte wurde ja überall verdammt gut aufgenommen und läuft scheinbar nicht nur bei uns im Mailorder außerordentlich. Gerechnet habt ihr ja sicherlich nicht damit, aber wie überrascht seid ihr dann dennoch davon? Gerade während einer immer noch andauernden Pandemie, in der ihr als Band nicht Live spielen konntet.
Björn: Ja stimmt. Nein, wir hatten ehrlicherweise nicht damit gerechnet durchweg so positives Feedback zu bekommen, das freut uns wirklich sehr. Die Herstellung von Vinyl ist für eine kleine Band halt auch mit Risiko behaftet. Klar, in unserer Szene haben Platten zum Glück noch eine große Bedeutung und natürlich willst du deine Musik auf Platte pressen. Aber oftmals muss man dann als Band seine Musik wie Sauerbier anbieten, damit man wenigstens die Kosten wieder rein bekommt. Dass wir den Großteil der Platten ohne das spielen von Konzerten losgeworden sind und uns Gedanken über eine etwaige Nachpressung machen „müssen“ ist natürlich mega. Das liegt aber auch an der Zusammenarbeit mit Gunnar und Jule von Save The Scene Records, die halt diese Promonummer übernommen haben, was super ist, weil das für uns eher zu den lästigen Pflichten gehört. Was wir uns vorwerfen können ist, dass wir die Platte natürlich viel früher
hätten veröffentlichen können aber das ist leider alles etwas traurig und turbulent gelaufen. Aufgenommen hat uns 2017 der Holger aus Peine, der leider kurz nach den Aufnahmen tödlich verunglückt ist. Wir wollten nun aber erst recht genau diese Aufnahmen veröffentlichen, also hat sich unser guter Freund Gregor den Aufnahmen angenommen und das ganze gemischt. Das hat natürlich gedauert und irgendwie war dann auch bei uns etwas die Luft raus. Fest steht, dass wenn die Jungs und Mädels von Abbruch Records und
Save The Scene Records uns nicht in den Ohren gelegen und uns unter die Arme gegriffen hätten, die Platte wohl noch immer nicht draußen wäre. Gibt halt auch noch ein Leben neben einer Band.
[...]
Textblatt, Siebdruck-Aufnäher, Download-Code. Findet mensch leider nicht bei jeder Veröffentlichung vor. Wie wichtig war euch selbst die Ausstattung der LP oder gab es da einen regen Austausch mit den Labels?
Björn: Also soooo besonders ist das ja nicht. Aufkleber und insbesondere Downloadcode sind ja fast schon Standard. D.I.Y., das ist schon etwas, was uns wichtig ist. Den ganzen Siebdruck machen wir ja selber und ich habe immer Spaß an kleinen Gimmicks und Bastelsachen die mit der Band zu tun haben. Aber das ist natürlich auch Eigennutz, weil wir hoffen, dass möglichst viele Punkers ihre Kutten mit unseren Aufnähern verunstalten. Aber Spaß bei Seite: Wir finden es schön, wenn die Menschen bemerken, dass wir Liebe in die
Sachen stecken.
Patje: ..und wenn man dann das Glück hat, daß ein Bulli von Angry Beard Design dir das Cover und Textblatt für das Album designed, dann ist das natürlich am Ende auch ein Rundumsorglospaket und macht einiges her.
[...]
Im Text zum Stück „Revolution“ besingt ihr den Bau zu einer besseren Welt. Wie sieht die für euch aus? Glaubt ihr noch an die eine große Revolution oder müssen wir als progressive Menschen realistischer denken und Schritt für Schritt Veränderungen angehen und erkämpfen?
Björn: Nun, wir leben in einem System der kapitalistischen Verwertung, in der Mensch, Tier und Natur nur insofern wichtig sind, als dass sie zur Steigerung von Profiten genutzt werden können. Das ist ja alles andere als ein erstrebenswerter Zustand. Realistisch betrachtet fehlt mir aber auch die Fantasie für eine große Weltrevolution, die natürlich notwendig wäre um die Verhältnisse grundlegend zu ändern. Auf Dauer wird sich der Kapitalismus schon selber abschaffen aber wahrscheinlich eher mit einem noch unschöneren Knall.
Ich denke die Revolution steckt in einem selber und man muss seine Nischen und Freiräume finden in denen man etwas sinnvolles für sich und andere tut. Natürlich mit all den Widersprüchen, die sich daraus ergeben. Aber hey, falls doch mal revoltiert wird, würden wir uns freuen mit ein/zwei Songs auf dem Soundtrack vertreten zu sein.
Benni: Japp, ein großer Knall und ab dann kriegen wir unser gesellschaftliches Zusammenleben auf einmal besser hin? Das ist dann leider doch ziemlich illusorisch, das Verhalten der Menschen in der Vergangenheit rechtfertigt auf jeden Fall nicht diese Hoffnung. Vielleicht ist es das fortgeschrittene Alter, aber mittlerweile verwenden wir unsere Energie dann doch eher für die Gestaltung unseres direkten Umfelds und versuchen auf diese Weise Änderungen anzustoßen.
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Wie wichtig ist euch eine politische Botschaft in euren Texten und eine klare Haltung zu bestimmten Themen? Braucht Punk wieder ein stärkeres Bewusstsein dafür, was hier alles falsch läuft?
Björn: Keiner von uns hat ein Parteibuch in der Tasche. Und auch innerhalb der Band gibt es sicherlich Unterschiede in der Einstellung gegenüber parlamentarischer Politik etablierter Parteien und wie sehr man diese unterstützen sollte. Ich persönlich kann bspw. nicht viel mit der „Politik des kleineren Übels“ anfangen. Die großen Antis bei Faschismus, Rassismus, Sexismus etc. hat ja im Grunde nix mit Politik zu tun, sondern sind Grundpfeiler eines gesunden Miteinanders. Traurig, wie sehr es daran doch mangelt. Der/Die Deutsche Michel*in würde uns wohl am ehesten in die linksradikale Ecke stellen, können sie gerne machen, wir fühlen uns in autonomen Strukturen sehr wohl. Jeder wie er mag, wir mögen halt eher die direkte Ansage, was dann vielleicht auch mal etwas plump und parolenhaft daherkommt. Aber hey, Kinder der 90er. So wurden wir ja auch zum Teil sozialisiert.
Patje: Aber ob der Punk das nun allgemein braucht? Punk ist ja nicht per se politisch oder unpolitsch. Gibt ja alle Strömungen und auch im Punk ist ja einiges weit davon entfernt tutti zu sein, weswegen wir die Frage wohl auch nicht vollumfänglich beantworten können. Aber man hat ja wenigstens die Hoffnung an der Szene, dass es genug Menschen gibt, die diese Widersprüche reflektieren.
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Interview: Pascal (Plastic Bomb)
08.03.2021